Weierstraße wird nicht Fußgängerzone

Die Weierstraße wird entgegen einem Koalitionsantrag nicht zur Fußgängerzone.
In einer Presseinformation der Koalition von heute heißt es:
„Wir sind als Koalition in Sachen Weierstraße angetreten, um die Umsetzung im Dialog mit allen Beteiligten abzustimmen. Ziel war es, diesen Teil der Straße deutlich attraktiver zu gestalten, so dass aus einer oft chaotischen „Parksuchsackgasse“ eine freundliche attraktive Einkaufsstraße wird.

Es hat mehrere gute Gespräche gegeben und viele Bedenken der Geschäftsleute und Marktbeschicker konnten aufgenommen werden, z.B. Ladezonen für den Blumenladen und Markteinkäufe, Abholmöglichkeit in den Abendstunden und Kurzzeitparken (30min) in der City. Leider führten all die gefunden Kompromisse nicht zu einer Verständigung. Trotz der guten Gespräche verharrte man bei dem Grundsatz, dass sich NICHTS ändern darf! Das bedauern wir sehr, aber Politik ist kein Selbstzweck.

Wenn der Dialog nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis führt, weil es keinerlei Bereitschaft der Interessenvertreter dazu gibt, ist der Versuch einer gemeinsamen Lösung leider gescheitert. Das müssen wir anerkennen, wenn wir unseren eingeschlagen Weg des Dialoges ernst nehmen – und das tun wir.
Wir wollen und müssen unsere Innenstadt noch attraktiver machen, damit sie lebendig bleibt. Wo und mit welchen Mitteln das auch in den Augen der Anlieger gelingen kann, wollen wir in den nächsten Monaten gemeinsam beraten.“

Wir Grüne bedauern sehr, dass kein gemeinsamer Weg mit den Anliegern und Marktbeschickern gefunden wurde. Besonders kritisieren wir die Art der Kommunikation seitens der IG City. Das Ziel, eine attraktive Innenstadt zu schaffen, werden wir mit den Partnern weiter verfolgen.

Hier die ersten Veröffentlichung dazu: Keine Veränderung in der Weierstraße – Radio Rur und in der Dürener Zeitung

Unabhängig von unserer Sachentscheidung zur Weierstraße fügen wir hier nochmals Infos ein, die zum Antrag geführt und die wir zuvor schon veröffentlicht hatten – und für die wir Kritik geerntet haben (die wir gut aushalten können). Fußgänger sind die wahren Umsatzbringer

Händler in städtischen Einkaufsstraßen glauben oft, ein Großteil ihrer Kundschaft komme mit dem Auto. Das ist eine Fehleinschätzung, wie zahlreiche Studien belegen. Einzelhändler überschätzen den Anteil ihrer Kundinnen und Kunden, die mit dem Auto zum Einkaufen kommen zum Teil erheblich. Das könnte einer der Gründe sein, warum die Einrichtung von Fußgängerzonen oder die Abschaffung von Parkplätzen im Einzelhandel so oft auf Widerstand stößt.

Das Manager Magazin berichtete 2021, dass 145 Einzelhändler aus zwei Berliner Einkaufsstraßen in Potsdam in einer Studie des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) den Anteil der Autofahrer unter ihren Kunden auf 22 Prozent schätzten. Tatsächlich waren es aber nur 7 Prozent, wie eine weitere Erhebung unter rund 2000 Einkaufenden ergab. Die große Mehrheit war zu Fuß (52 Prozent), mit dem Fahrrad (15 Prozent) oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln (26 Prozent) unterwegs. Insgesamt waren Nichtautofahrer für 91 Prozent der Gesamtumsätze verantwortlich. Dirk von Schneidemesser von IASS überraschte das nicht, denn es deckte sich mit anderen Studien über deutsche Innenstädte sowie über die lokale Wirtschaft in europäischen Ländern, Nordamerika und Australien.

Die Fehleinschätzung könne damit zusammenhängen, dass die Auto fahrenden Händlerinnen und Händler von sich auf andere schlössen. Denn wer selbst mit dem Auto ins Geschäft fährt, so hat die Studie gezeigt, schätzt den Anteil seiner Auto fahrenden Kunden zu hoch ein. Die Ergebnisse der Umfrage stehen im Einklang mit einer wachsenden Anzahl an Studien, die nahelegen, dass eine verbesserte Infrastruktur für aktive Mobilität – also zu Fuß gehen, Rad fahren, den ÖPNV nutzen – wahrscheinlich der lokalen Wirtschaft zugutekommt. Wirtschaftsverbände sollten sich daher evidenzbasiert mit Vor- und Nachteilen für Händler auseinandersetzen, um die Interessen der lokalen Wirtschaft bestmöglich vertreten zu können.

Quelle der Informationen: Einkaufsstraßen: Fußgänger sind die wahren Umsatzbringer – manager magazin (manager-magazin.de)
Bei Facebook in Dürener Gruppen wurde kritisiert, dass wir eine Berliner Straße zum Vergleich anführten.
Doch dies ist nur eines von vielen Beispielen! Die AGFK im konservativen Bayern bündelte verschiedene internationale Studien und macht deutlich, dass sich eine konsequente Radverkehrsförderung positiv auf den örtlichen Handel auswirkt und eben nicht zu Einbußen führt, wie viele Einzelhändler noch immer befürchten.

Die AGFK stellt zunächst einmal völlig richtig heraus, dass der innerstädtische Einzelhandel durch autogerechte Verbraucherparks auf der „grünen Wiese“ und den Onlinehandel stark unter Druck geraten ist. Hier müssen Gegenmittel gefunden werden. Die Stadt autogerecht zu gestalten, kann nicht der richtige Weg sein, da sie nie so autogerecht sein kann, wie das Einkaufszentrum auf der grünen Wiese. Mit Hinblick auf das heutige „Shoppen“, das „oft auch Freunde treffen, Kaffee trinken und Essen gehen oder sich einfach durch die Stadt treiben lassen“ impliziert, müssen der Einzelhandel und die Innenstadt an sich also an ihrer Attraktivität arbeiten.

Zu Impulskäufen kommt es bei Fußgängern und Radfahrer viel häufiger als bei Autofahrern. Sie sind mit der richtigen Infrastruktur einfach näher dran.
„Studien zum Einkaufsverhalten in Innenstädten zeigen, dass nur knapp ein Drittel der Passanten gezielt einkauft. Die Mehrheit agiert stattdessen spontan und nutzt die Möglichkeiten, die sich ihr bieten. Je mehr Geschäfte passiert werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines Impulskaufs. Auf Grund geringer Geschwindigkeiten und der unmittelbaren Sinneserfahrung gilt dies besonders für Fußgänger und auch Radfahrer, wenn ihnen einladende Infrastruktur bereitgestellt wird.“ Insofern sollten Parkmöglichkeiten im öffentlichen Raum zurückgebaut und zum Beispiel der Außengastronomie zur Verfügung gestellt werden. Parken sollte vorrangig in Parkhäusern erfolgen.

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der AGFK Bayern. Siehe auch AGFK-WirtschaftsRad.pdf (adfc.de)

Zur Historie des Projektes Weierstraße:

Da wir in der Koalition überzeugt waren, dass man ausgetretene Pfade auch mal verlassen muss und die Weierstraße mehr sein kann als ein Parkplatz, hatten wir beantragt, die Weierstraße zur Fußgängerzone zu machen und dies ein Jahr zu testen.
Nach einigen Gesprächen mit Geschäftsleuten, Senioren etc. haben wir für den Ausschuss für Mobilität, Umwelt und Klimaschutz am 23.3. folgenden Konkretisierungsantrag gestellt:
„Die Verwaltung wird beauftragt, befristet bis Ende Oktober 2023 in der Weierstraße ein Reallabor mit dem Ziel durchzuführen, Erkenntnisse zur bedarfsorientierten Nutzung der öffentlichen Verkehrsflächen zu generieren. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen evaluiert werden, so dass nach den Herbstferien 2023 über das weitere Vorgehen beraten werden kann. Zur Präzisierung der Ausgestaltung des Reallabors und der zu evaluierenden Faktoren soll zeitnah ein Termin mit Anliegern, Vertretern der Marktbeschicker, des Seniorenrates, der CityMa, des Inklusionsrates als erweiterte Sitzung des Mobilitätsforums, stattfinden. Bereits jetzt wird darauf hingewiesen, dass auf jeden Fall komfortable Behindertenparkplätze ebenso berücksichtigt werden sollen wie die Einrichtung einer an den örtlichen Bedürfnissen ausgerichteten Ladezone.
Anregungen der Gewerbetreibenden aufgreifend sollte geprüft werden, ob bis zum Marktplatz (Wendeanlage) die Lieferzeit für den Zeitraum bis Mitternacht erweitert werden kann, so dass Mitarbeiter*innen und Gäste direkt am Markt abgeholt werden können. Ebenfalls sollte geprüft werden, ob zeitnah die Parkdauer einiger Parkplätze der westlichen Weierstraße (kurz vor der Ecke Wilhelmstraße) auf 30 Minuten verkürzt werden können, um den Wunsch der Marktbeschicker nach einer höheren Wechselrate auf den Parkplätzen zu erfüllen.“

All dies hat sich nun aber für die Weierstraße erledigt, da uns eine Beteiligung der Geschäftswelt wichtig ist.