Kopenhagen: Eine Stadt fürs Leben

Viel öffentlicher Raum, Vorrang für Radfahrer*innen und eine Skipiste auf der Müllverbrennungsanlage: Als „Welthauptstadt der Architektur“ macht Kopenhagen Lust auf die urbane Zukunft. Ein Beitrag von Georg Schmitz, Vorsitzender des Ausschusses für Mobilität, Umwelt, Klimaschutz der Stadt Düren und Webmaster dieser Seite.
Kopenhagen gilt nicht nur als besonders Fahrradfreundlich, sondern auch als Vorreiter bei moderner nachhaltiger Stadtplanung. Ich wollte mir deshalb ansehen, was man vom „modernen“ Kopenhagen auf eigene Faust erleben kann und Ideen für die tägliche kommunale Arbeit mitnehmen. Ich möchte euch an meinen Eindrücken teilhaben lassen und teile das in 3 Beiträge auf zu Radverkehr Kopenhagen, Bauen in Kopenhagen und einen Trip nach Malmö.

Teil 1: Ich habe je eine Stadtrundfahrt per Bus und eine per Rad gemacht, aber keine spezielle Fachführung. Mit offenen Augen kann man schon viel entdecken! Neben breiten Radwegen, die fast immer vom MIV getrennt sind, ist mir besonders positiv aufgefallen, dass es kaum Bettelampeln gibt. Ich habe nie gedrückt, das Fußgängergrün kam immer von alleine. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass Fußgänger bei der Planung teilweise etwas benachteiligt wurden, denn manche Wege waren sehr eng und in schlechtem Zustand.  Dafür wurde aber der Radverkehr tatsächlich stark gefördert, so wie man es auch immer lesen kann. Besonders toll fand ich die neuen zusätzlichen Brücken in der Stadt, die in den letzten Jahren gebaut wurden, z.B. die Schlangenbrücke. „Unten“ ist es in diesem Teil des Hafens eng und verwinkelt und man kommt auch per Rad kaum voran.

Eine Ebene höher auf der neuen Brücke hingegen kann man wunderbar am Einkaufszentrum vorbei zügig seinen Zielen entgegenfahren.

Auch große Straßen waren teils mit Brücken überspannt und leicht zu queren.

Aufgefallen sind auch die speziellen Mülleimer für den Radverkehr und die Anlehnbügel vor Ampelanlagen, die ein Absteigen unnötig machen und somit ein klein wenig den Komfort steigern. Unglücklich finde ich allerdings die teilweise schlechte Unterscheidungsmöglichkeit zwischen oft alten Fußwegen, den Radwegen und den Fahrbahnen. Die Kanten sind alle grau, aber unterschiedlich ausgeprägt und meines Erachtens schnell zu übersehen. Und während sich Asphalt als Bodenbelag bewährt hat, wurde an einigen Stellen von den Stadtplanern aus optischen Gründen Betonplatten gelegt, die weniger komfortabel sind und sich nicht bewährt haben und deshalb teilweise schon ausgetauscht wurden.

Hier mal zwei Links zum Radverkehr: Radfahren Kopenhagen und Vorfahrt fürs Rad

Im Vorfeld der Reise und auf dem Weg nach Kopenhagen hatte ich Teile des Buches
„Copenhagenize, der ultimative Weg zur urbanen Fahrradkultur“ von Mikael Colville-Andersen gelesen. Dieses Buch ist absolut lesenswert und es entlarvt alle Mythen und „Totschlagargumente“ der Autolobby. Im Buch steht im Kapitel „Die Lernkurve“ auch etwas zur Inderhavnsbro, der inneren Hafenbrücke, die von einem Londoner Architektenbüro verbrochen wurde. Die Brücke hat mittendrin zwei gefährliche und unnötige scharfe Biegungen, das war auch mir aufgefallen. Es ist eben auch nicht alles Gold, was glänzt. Manchmal ist weniger Spielerei mehr praktischer Nutzen. Zitat Colville-Andersen: „Wenn man ein Design mit Warnhinweisen versehen muss, ist es kein gutes Design“.     

Natürlich habe ich auch viele Dinge gesehen, die jeder normale Tourist bewundert – aber auf die gehe ich heute nicht ein. PS: Negativ aufgefallen ist mir, dass hier noch überwiegend die sog. Felgenkiller verwendet werden, allerdings in besserer Form als bei uns. Vermutlich aus Platzgründen schiebt man das Rad üblicherweise in eine Führung aus zwei Metallkreisen, so dass es bei Berührungen schnell an der Vorderfelge beschädigt werden kann. Da sind mir unsere Bügel viel lieber – aber wir haben natürlich auch nicht mit solchen Mengen an Rädern zu tun.  

Im Bekanntenkreis wurde Kopenhagen für die große Sauberkeit gelobt – das kann ich nun überhaupt nicht bestätigen. Selbst in der großen und bekannten Fußgängerzone flog ständig überall Müll rum,- das war schon erschreckend. Dieses Bild passte so gar nicht zum Ruf als grünste Großstadt Europas. Ebenfalls passte nicht ins Bild, dass an einigen Stellen auch in Lokalen die Lebensmittel zum Verzehr vor Ort auf Einwegpapptellern verkauft wurden und dass im Hotel Marmeladen etc. alle einzeln in Kunststoffverpackungen angeboten wurden.  

Insgesamt ist die Stadt absolut sehenswert und schön zu genießen,- ganz unabhängig davon, ob man sich für Stadt – und Verkehrsplanung interessiert wie ich, oder für Kultur oder andere Themen. Fahrt mal hin,- die Bahnverbindung ist gut. Mit Umsteigen in Köln und Hamburg kann man sehr entspannt und umweltfreundlich anreisen.