Status quo des ÖPNV ist nicht mehr gesichert

NVR-Verbandsversammlung verabschiedet Resolution zur auskömmlichen und nachhaltigen Finanzierung des ÖPNV.
In einer fraktionsübergreifenden Resolution spricht die Verbandsversammlung des Nahverkehr Rheinland (NVR) die Forderung nach einer nachhaltigen Finanzierung für einen zukunftsfähigen Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) aus.
[Der NVR ist der Besteller für den Schienenpersonennahverkehr im Rheinland – also auch im Kreis Düren.]
Vor dem Hintergrund rasant steigender Kosten, den Nachwirkungen der Corona-Pandemie und zur Erreichung der Klimaziele, müssen Bund und Land die Finanzierung zur Aufrechterhaltung der Nahverkehrsleistungen und für erforderliche Investitionen in Infrastruktur und Fahrzeuge auf ein verlässliches Fundament stellen.

Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln ist die Finanzierung des Status quo des ÖPNV in NRW nicht mehr gesichert. Vielmehr drohen aufgrund der schon im Jahr 2022 vorliegenden Finanzierungslücke deutliche Einschnitte im Verkehrsangebot. Um die internationalen Klimaziele zu erreichen und den ÖPNV voranzubringen, müssen das Angebot gestärkt und deutlich mehr Fahrgäste für eine klima- und umweltfreundliche Mobilität mit Bus und Bahn gewonnen werden. Die massive Ausweitung des Leistungsangebotes führt zu einem sehr hohen zusätzlichen Mittelbedarf. Um weiterhin das Verkehrsangebot aufrechterhalten und in die Ausweitung des ÖPNV-Angebots investieren zu können, ist es nötig, die Gesamtfinanzierung des ÖPNV sicherzustellen. Noch fehlen nachhaltige Lösungsvorschläge für eine gesicherte und auskömmliche Finanzierung. Daher fordern die Fraktionen in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes NVR Bund und Land nun gemeinschaftlich auf, ihren finanziellen Beitrag zur Sicherung der Bestandsverkehre zu leisten. Die Resolution in ihrem genauen Wortlaut:

Die Situation der rasant steigenden Energiekosten aufgrund der Ukraine-Krise hat sich in den letzten Wochen weiter verschärft. Dieser erhebliche Effekt steht dabei nicht allein. Zusätzlich laufen nach wie vor Einnahmenausfälle auf Grund des durch die Corona-Pandemie nicht eingetretenen Fahrgastzuwachses und Mehrkosten der inflationsbedingt steigenden Bau-, Energie- und Personalkosten auf. Allein der Preis für Hochspannungsstrom steigt lt. statistischen Bundesamt im Vergleich Juli 2021 zu Juli 2022 um ca. 163 %. Der Dieselpreis steigt im Vergleich Juli 2021 zu Juli 2022 um ca. 46 %. NRW-weit ist somit für das Jahr 2022 mit einer Finanzierungslücke von ca. 188 Mio. € im SPNV zu rechnen. Für das Jahr 2023 wird ein Fehlbetrag in Höhe von ca. 395 Mio. € für den SPNV in NRW erwartet. Auch der straßengebundene ÖPNV (ÖSPV) verzeichnet derzeit einen steigenden Finanzierungsbedarf. Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmitteln ist die Finanzierung des Status Quo des ÖPNV in NRW daher nicht mehr gesichert. Gleichzeitig erfordern die vom Bund ehrgeizig gesetzten Klimaschutzziele auch im Verkehrssektor erhebliche Anstrengungen. Ein wesentlicher Bestandteil zur Erreichung der Klimaschutzziele ist dabei der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs als Alternative zum Autoverkehr. Die Bundes- und Landesregierung streben hierbei die Verdoppelung der Fahrgastzahlen im ÖPNV vom Jahr 2019 bis zum Jahr 2030 bzw. eine Erhöhung des ÖPNV Angebots um mindestens 60 % an. Es handelt sich demnach um eine deutliche Wertsteigerung des ÖPNV.
Auch die Umsetzung eines Klimatickets stellt einen Anreiz zur Nutzung des ÖPNV dar und trägt damit zur Erreichung der Klimaschutzziele bei. Diesen Beitrag kann ein Klimaticket nur leisten, wenn durch die Sicherung der Bestandsverkehre und durch den zusätzlichen Ausbau der Verkehrsleistung der ÖPNV attraktiv bleibt bzw. an Attraktivität gewinnt. Vor dem Hintergrund der aktuellen finanziellen Situation ist die für die Erreichung der Klimaschutzziele zwingend notwendige Ausweitung des Leistungsangebots und die Umsetzung eines Klimatickets nicht realisierbar. Vielmehr drohen aufgrund der schon im Jahr 2022 vorliegenden Finanzierungslücke deutliche Einschnitte im Verkehrsangebot durch Abbestellungen von Leistungen und schmerzhafte Ticketpreiserhöhungen. Wir stellen klar,

  • dass das Ziel der Verdoppelung der Fahrgastzahlen und die Erhöhung des Angebots
    um mindestens 60 % nur mit einer nachhaltigen und auskömmlichen Finanzierung
    seitens des Bundes und des Landes erreicht werden kann.
  • dass zur Umsetzung eines Klimatickets als Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele
    die Finanzierung der Bestandsverkehre sowie der zusätzliche Ausbau der
    Verkehrsleistungen im ÖPNV durch Bund und Land sichergestellt sein muss.
    Wir fordern daher,
  • dass die Bundesregierung und die Landesregierung ihren finanziellen Beitrag zur
    Sicherung der Bestandsverkehre leisten.
  • dass sich die Bundesregierung zu ihren ehrgeizigen Klimaschutzzielen, dem damit
    verbundenen Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs und der in diesem
    Zusammenhang zwingend erforderlichen auskömmlichen und nachhaltigen
    Finanzierung bekennt.
  • dass die Bundesregierung den Ausführungen der Verkehrsministerkonferenz folgt und
    o für das Jahr 2022 die Regionalisierungsmittel zusätzlich um 1,5 Mrd. €
    bundesweit erhöht,
    o für die Jahre 2022 und 2023 jeweils zusätzlich 1,65 Mrd. € gegenüber dem
    Vorjahr bundesweit für die Bewältigung der Energie-Krise bereitstellt sowie
    o zur Fortführung des Corona-Rettungsschirms im Jahr 2023 1 Mrd. €
    bundesweit zur Verfügung stellt.
  • dass sich die Bundes- und Landesregierung zusätzlich zum SPNV auch mit einem
    nachhaltigen Beitrag an der Finanzierung des ÖSPV beteiligen.

    Zeitgleich zur Resolution hat der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (der etwas mehr als die Hälfte des NVR Gebietes ausmacht) eine Preissteigerung zum 1.1.23 und eine weitere zum Sommer 2023 angekündigt. Dies zeigt, dass die Gesamtfinanzierung dringend überarbeitet werden muss. Kund*innen und Kommunen können nicht noch mehr Anteil an der Gesamtfinanzierung tragen.
Bild: Die Bördebahn unterwegs zwischen Düren und Euskirchen