Kreis Düren setzt auf den ÖPNV

Zwei Zeitungstexte aus den Dürener Nachrichten vom 26. und 27.9. zeigen unseren Weg auf. Bus und Schiene werden gestärkt. 15 Millionen fließen ins Netz der Rurtalbahn. Wenn die Bördebahn-Strecke nach Euskirchen ertüchtigt ist, wird der Südast der Rurtalbahn digitalisiert. Weniger Verspätungen.

VON VOLKER UERLINGS- KREIS DÜREN 
Über viele Jahre durfte man durchaus von einem Investitionsstau sprechen, wenn man auf den Öffentlichen Personennahverkehr im Kreis Düren auf den Schienen und Straßen blickte. Das ändert sich. In den nächsten vier Jahren fließen allein 15,4 Millionen Euro in die Gleise und die Systemtechnik bei der Rurtalbahn (RTB). In den Gemeinden Nörvenich und Vettweiß läuft die Ertüchtigung der Bördebahnschienen auf Hochtouren. Und auf der Südstrecke der Rurtalbahn von Düren nach Heimbach hält ab 2021 die digitale Technik Einzug. Das hat nach Meinung von RTB-Chefplaner Christoph Göddecke viele Vorteile, vor allem aber den, dass sich die „Fahrplanstabilität“ erhöht. Sprich: Die Züge sollen pünktlicher werden.

Statistik des Nahverkehrs

Fahrgäste beklagten immer wieder, dass die Zeiten nicht eingehalten würden, um zum Beispiel Anschlussverbindungen zu erreichen. Der Blick in die Statistik der Nahverkehr Rheinland GmbH wies die Rurtalbahnlinien aber in seinen Berichten 2016 und 2017 als die pünktlichsten in ihrem Bereich aus. Das bedeutet ja nicht, dass man nicht noch besser werden kann. Und das Stichwort, das ohnehin in aller Munde ist, lautet nun auch für den „Eifel-Express“: Digitalisierung.

„Es gibt fünf Bahnhöfe mit Stellwerken in Alttechnik. Die sind mehr als 30 Jahre alt. Wir kriegen keine Ersatzteile mehr“, erklärt Christoph Göddecke die Notwendigkeit, nun auch auf der Strecke über Kreuzau nach Heimbach zu investieren. Auf dem Nordast der Rurtalbahn nach Linnich hat diese Umstellung Ende 2018 schon stattgefunden. Von daher erfolge auch eine technische Harmonisierung im Gesamtnetz. Davon profitiert der Zugleiter in der Dürener Leitstelle, der bislang drei verschiedene Techniken managen und beherrschen muss. Nämlich die digitale Stellwerkssteuerung im Nordkreis, die rechnergestützte Relaistechnik im Südkreis und das manuell zu bedienende Drucktasten-Stellwerk aus den 60er Jahren im Bahnhof Düren.

Wenn die neuen Stellwerkskästen in den Bahnhöfen Lendersdorf, Kreuzau, Untermaubach/Schlagstein, Nideggen-Brück und Heimbach bis 2023 installiert sind, wird es für ihn laut Göddecke deutlich einfacher. Dann ist allerdings ein deutlich größeres Streckennetz zu kontrollieren, denn mit der Bördebahn von Düren nach Euskirchen kommen etliche Dutzend Kilometer hinzu.

„Bis Vettweiß passiert an jeder Ecke etwas“, sagt Planungsleiter Christoph Göddecke. In Binsfeld, Rommelsheim und Jakobwüllesheim entstehen neue Haltepunkte, Bubenheim wird umgebaut. Und mit Vettweiß, Zülpich und Zülpich-Nemmenich befinden sich drei Bahnhöfe im Bestand. Bis Jahresende werden laut Göddecke insgesamt sieben Gleiskreuzungen technisch neu gesichert und sechs Kilometer neue Schienenstrecke gebaut sein. „Wir nehmen gern den Spirit auf, der mit dem Strukturwandel in die Region gekommen ist. Da ist die Bördebahn ein wesentlicher Impuls“, erklärt der Planungsleiter nach Gesprächen mit mehreren Bürgermeistern entlang der Strecke. Mit dem Mobilitätsangebot entstehe auch eine spürbare Nachfrage nach Baugrundstücken, weiß er von den Verwaltungsleitern in Nörvenich, Vettweiß, aber auch in Zülpich.

7,5 Millionen Euro werden in den Südosten des Kreises Düren investiert, um ab dem Jahr 2020 einen „Vorlaufbetrieb“ auf der Strecke und einen Zwei-Stunden-Takt werktags zu erreichen. Im Vollausbau später absolvieren die Züge den Weg von Düren nach Euskirchen in 34 Minuten. Auch beim Ausbau der Infrastruktur geht es mit Tempo weiter. Ab 2021 gilt die Aufmerksamkeit der Rurtalbahn-Bauabteilung dann der Südstrecke nach Heimbach. Neben der Digitalisierung der Stellwerkstechnik gibt es auch weitere Maßnahmen, die Göddecke unter der Überschrift „Zukunftssicherheit“ einordnet. So sollen im Bahnhof Lendersdorf neue Rangierfahrstraßen entstehen.

Auch beim Busverkehr gibt es gute Nachrichten: Bald mehr Buslinien als die Stadt Köln. Mit dem Fahrplanwechsel werden die Rurtalbusse acht Millionen Kilometer im Jahr zurücklegen.

An den neuen Namen und an das neue Logo werden sich die Menschen im Kreis Düren noch gewöhnen müssen. Wenn sie künftig in einen Bus steigen, dann wird das immer häufiger einer sein, auf dem Rurtalbus in Blau zu lesen ist. Zum 1. Januar des kommenden Jahres wird der komplette Busbetrieb im Kreis in einer Hand liegen. Mit mehr Strecken und mehr Fahrzeugen.

Imposante Zahlen

Die Zahlen, die beim Fahrplanwechsel zum kommenden Jahr Realität werden, wirken imposant: Die Zahl der Buskilometer werden von 6,8 Millionen in diesem Jahr auf 8 Millionen in 2020 steigen. Etwa 2000 Fahrten pro Tag werden dann stattfinden. Dafür sind 180 Busse im Einsatz, die von 250 Busfahrern im Kreis bewegt werden. Landrat Wolfgang Spelthahn weist darauf hin, dass man mit insgesamt 100 Linien mehr als Köln oder Aachen zu verzeichnen hat. Das werden auch die Kommunen finanziell spüren, die im Vorfeld eingebunden waren: „Wer die Musik bestellt, der muss sie auch bezahlen – wir haben alles im Detail besprochen und mehrfach diskutiert, letztlich sind wir auf die Wünsche der Kunden eingegangen“, betont Spelthahn. Dass diese Zahlen nun präsentiert werden können, war Anfang des Jahres nicht selbstverständlich. Der gesamte Buslinienbetrieb im Kreis, der bisher in den Händen von zwei Unternehmen lag, wurde europaweit ausgeschrieben. Letztlich beschäftigten sich 14 Unternehmen intensiv mit dem Thema, drei gaben ein qualifiziertes Angebot ab. „Da waren alle großen Player dabei“, sagt Spelthahn. Dass am Ende der örtliche Anbieter den Zuschlag erhielt, freut den Landrat, auch wenn die Ausschreibung ohnehin vorsah, dass der Fuhrpark und das Personal zu übernehmen waren

Das Unternehmen Rurtalbus wurde dafür von Kreis Düren und der R.A.T.H.-Gruppe gegründet, die gemeinsam die Rurtalbahn betreiben. Sie sind auch beide am Straßenverkehrsamt angesiedelt. Gemeinsam will man auch neue Antriebstechniken nach vorne bringen. Busse für den innerörtlichen Betrieb sollen an der Steckdose auftanken können, die überörtlichen Linien sollen langfristig von Wasserstoff angetrieben werden. Allerdings wird es noch dauern, bis der Fuhrpark komplett umgerüstet wird: „Es gibt keinen deutschen Hersteller, die Lieferzeiten sind enorm lang“, sagt Rurtalbus-Geschäftsführer Hans-Peter Nießen. Aktuell sind fünf E-Fahrzeuge bestellt, mit einer Lieferung wird in mehr als einem Jahr gerechnet.

In der Übergangszeit müssen Dieselfahrzeuge nach Euro-6-Norm angeschafft werden. Irgendwann einmal ist denkbar, dass Busse autonom wie auf Schienen durch die Stadt fahren und damit die Rolle einer Straßenbahn erfüllen, deutete Spelthahn an. Ähnliche Projekte werden auf dem Campus Aldenhoven entwickelt. Aber dies ist noch Zukunftsmusik. Bevor der Fahrplan in Kraft tritt, will das neue Unternehmen mit einem Infobus im Kreis Düren die Werbetrommel rühren. Dafür wolle man sich mit den jeweiligen Bürgermeistern absprechen. Unter anderem zählen sieben neue Schnellbuslinien zum Angebot. Bisher bestand eine solche Verbindung, bei der der Bus nicht alle Haltestellen in einem Ort anfährt, zwischen Euskirchen und Düren sowie zwischen Jülich und Aachen. Zukünftig kann man auch von Düren nach Zülpich in 51 Minuten mit dem Bus gelangen.

Nachlesen kann man die neuen Verbindungen noch nicht. Die Fahrplantabellen und die einzelnen Haltezeiten kann man erst ab dem 1. November erfahren. Dann wird die neue Homepage www.rurtalbus.de freigeschaltet. Mit der Freischaltung soll auch der Infobus seine Tour durch den Kreis beginnen. Derzeit kann man aber das Logo schon auf dem ersten Bus entdecken. Jede Woche soll ein weiterer hinzukommen, bis dann das alte DKB-Logo vollständig auf Bussen verschwunden ist, das Unternehmen selbst natürlich nicht. Übrigens benötigt der Rurtalbus frisches Personal. „Die langjährige kommunale Besatzung ist im Schnitt etwa 60 Jahre alt“, berichtet Guido Emunds, ebenfalls Rurtalbus-Geschäftsführer. Um eigenen Nachwuchs zu rekrutieren, bilde man seit acht Jahren aus. Aufgrund der Situation auf dem Arbeitsmarkt seien auch die Löhne für Busfahrer gestiegen, meint Spelthahn, „das ist jetzt ein lukrativer Job“.

Alle Linien wird übrigens der Rurtalbus nicht bedienen, jedoch die Hauptstrecken. Etwa zwei Drittel der Strecken werden an Subunternehmer vergeben. Die EU-weiten Ausschreibungen laufen, in Kürze will man Ergebnisse präsentieren. (Als letztes Bild haben wir einen Blick zurück gewählt, dieses ist rund 15 Jahre alt.)