Tempo 30 in der Schillingsstraße

Vor einer Woche hatten wir hier zur STVO Novelle berichtet (s.u.). Das Thema Tempo 30 in der Schillingsstraße zeigt gut auf, wo akuter Handlungsbedarf besteht.

Die Verwaltung teilt mit: Es wurde darum gebeten, die Aufstellung eines Tempo 30-Limits in der Schillingstraße in Düren Gürzenich im Bereich des Kindergartens Maria-Frieden erneut zu prüfen.

Es wird festgestellt, dass im Bereich des Kindergartens bereits durch eine Beschilderung und Piktogramme auf der Fahrbahn auf Kinder hingewiesen wird. Weiterhin befindet sich eine Anforderungsampel für Fußgänger in unmittelbarer Nähe des Kindergartens.

Im Zuge der Ersten Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrsordnung, welche am 14.12.2016 in Kraft getreten ist, wird die Anordnung von Tempo 30-Begrenzungen im Nahbereich von Kindergärten, Altenheimen etc. an innerörtlichen klassifizierten Straßen erleichtert.

Der Erlass beinhaltet u.a. die Bedingungen für die Tempo 30-Begrenzungen. Demnach kommt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf innerorts liegenden Straßen – in diesem Fall die Schillingstraße – in Betracht, wenn die entsprechende Einrichtung – hier der Kindergarten – über einen unmittelbaren Zugang zur Hauptverkehrsstraße verfügt.

Der Kindergarten Maria-Frieden hat keinen direkten Zugang zur Schillingstraße, der Zugang befindet sich in einem Stichweg an der Kirche St. Johannes. Insofern ist auf der Schillingstraße im Bereich der Fußgängerquerung die Voraussetzung für eine Begrenzung auf 30 km/h nicht gegeben.

Es zeigt sich, dass die veralteten, autofreundlichen Regeln des Bundes die Umsetzung von vernünftigen und sogar einstimmigen Beschlüssen in den Kommunen verhindern. Wir werden an dem Thema „dranbleiben“, denn in der Verordnung steht die Bezeichnung „im unmittelbaren Bereich“ in Bezug auf leichtere Anordnung von Tempo 30. Da steht nicht, dass die Eingangstüre zur Hauptstraße zeigen muss :-).

Bundesverkehrsminister Scheuer hat Vorschläge zur Änderung der Straßenverkehrsordnung veröffentlicht. Ein Statement zur STVO Novelle von Georg Schmitz, Ortsverbandssprecher und Verkehrspolitiker der Grünen Düren.

Die Novelle enthält viele gute Elemente, um den Verkehrsraum sicherer und zukunftsfähiger zu machen. Besonders lobenswert sind Regelungen zum besseren Schutz der RadfahrerInnen, wie höhere Bußgelder für Falschparker, Festschreibung des Mindestüberholabstandes etc..
Allerdings enthält der Entwurf auch eine unsinnige Regelung und es bleibt darüber hinaus Handlungsbedarf, denn die grundsätzliche Aufgabe von Verkehrsplanung und Politik ist es, den öffentlichen Raum neu (anders) zu verteilen. 

Die Vorschläge zur Nutzung von Busspuren für Pkws mit drei und mehr Insassen sind lebensfremd. Das lehne ich strikt ab. Wenn demnächst Taxen, E-Autos, Krankentransporte (ohne Sonderrechte) und sogar Fahrgemeinschaften auf Busspuren fahren, haben diese ihre Vorrangfunktion verloren und der ÖPNV würde weiter ins Hintertreffen geraten. Es gibt häufig gesonderte Ampeln, die nur für den Öffentlichen Personennahverkehr gelten. Die Idee des Verkehrsministers passt absolut nicht in die Praxis.

Bei der StVO-Novelle bleibt der Fußverkehr weitestgehend ausgespart. Warum z.B. nur an Kreuzungen mit Radwegen das erweiterte Parkverbot gilt, ist unklar. Sind z.B. Kinder und Rollifahrer hinter abgestellten SUVs und Lieferfahrzeugen für herankommende AutofahrerInnen besser zu sehen als Radler*innen? Wohl kaum. Aber vielleicht bekommen die Fußgänger/Innen ja was vom Fahrrad-Kuchen ab: Wenn das Radeln auf der Fahrbahn attraktiver wird, gibt es hoffentlich bald weniger Zwist und mehr Platz auf den Gehwegen!

Radfahren darf keine Mutprobe sein und die geplanten Änderungen können nur ein erster Schritt zu mehr Verkehrssicherheit sein. Die Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts würde die Städte sicherer und lebenswerter machen. Dazu muss die Bundesregierung nun endlich bereit sein. Man braucht in den belasteten Innenstädten eine Neuverteilung des öffentlichen Raumes, der bis heute noch ganz überwiegend durch das Auto belegt ist. Umwandlung von Fahrspuren und geschützte Radfahrstreifen (Protectet-Bike-Lanes) wären mögliche Maßnahmen. Bei diesem Thema sind die Kommunen oft schon viel weiter als der Bund, aber starre Regeln verhindern oft vor Ort gute Maßnahmen. So ist es oft so, dass in einer Stadt einstimmig für bestimmte Straßenbereiche Tempo 30 gewünscht ist, dies aber durch Bundesregelungen nicht eingerichtet werden kann.