Platz da! Der Kongress zur Verkehrssicherheit.

Bericht vom AGFS Kongress und der Messe Fahrrad in Essen. Lastenräder sind stark im Kommen.

2017 sind in Deutschland täglich neun Menschen bei Verkehrsunfällen tödlich verunglückt, drei davon innerhalb geschlossener Ortschaften. In 95% der Fälle hat menschliches Fehlverhalten Anteil an der Entstehung von Unfällen. Vom Kontrollverlust über das Fahrzeug bis zur bewussten Missachtung der Regeln, überhöhte Geschwindigkeit oder zu geringer Abstand – die Ursachen sind vielfältig.

Gleichzeitig fahren und parken immer mehr und größere Autos auf unseren ohnehin überfüllten Straßen. Revierverhalten und gesteigerte Aggression im Straßenraum sind die Folgen. Kinder werden hinter den immer größer werdenden parkenden Pkw quasi unsichtbar und Falschparker zwingen andere Verkehrsteilnehmer zu riskanten Ausweichmanövern.

Wenn es um Verkehrssicherheitsarbeit geht, ist menschliches Verhalten der zentrale Ansatzpunkt. Dennoch kann ein sicheres Verkehrssystem, das menschliches Fehlverhalten toleriert, erheblich zu einer Reduzierung von Unfällen beitragen. Die AGFS thematisierte dies auf ihrem jährlichen Kongress in Essen und beleuchtete vor allem die Rolle der kommunalen Verkehrsplanung. (Textteile wurden von der AGFS übernommen)

Vertreter namhafter Institutionen geben auf dem Kongress Antworten auf folgende Fragen geben:

  • Wie muss eine zeitgemäße Verkehrsinfrastruktur aussehen, um mehr Sicherheit insbesondere für die Nahmobilität zu gewährleisten?
  • Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen sich dafür ändern?
  • Wie lässt sich die häufig empfundene Diskrepanz zwischen subjektiver und objektiver Verkehrssicherheit auflösen.
  • Wo ist die Grenzlinie zwischen menschlichem Fehlverhalten und Defiziten in der Infrastruktur?
  • Inwieweit spielt das Autoparken auch bei der Verkehrssicherheit eine Rolle?
  • Welchen Beitrag können Kampagnen zur Verhaltensänderung im Straßenverkehr beitragen?

Der Sprecher der Dürener Grünen, Georg Schmitz wurde v.a. beim Vortrag „Wie beeinflusst die Infrastruktur für Radfahrer das Überholverhalten von Autofahrern?“ nachdenklich.
Dr. Anja Katharina Huemer von der technischen Universität Braunschweig zeigte auf, dass Schutzstreifen, Radstreifen und Mittellinien maßgeblich darauf Einfluss nehmen, wie eng Kraftfahrzeuge Radler/innen überholen. 84 % der Probanden im Test haben mit weniger als 1,5 Meter Abstand überholt! Mit Schutzstreifen kommt zwar das Verkehrsmittel Fahrrad mehr in den Blickpunkt aller Verkehrsteilnehmer, aber leider wird in diesen Fällen deutlich enger überholt, als bei Verkehrssituationen ohne Schutzstreifen. Auf Straßen ohne Schutz- oder Radstreifen halten Fahrzeuge durchschnittlich 40 cm mehr Abstand als auf Straßen mit den Linien. Mit Schutz- oder Radstreifen fahren Räder auch meistens näher an der parkenden Autos vorbei und sind durch öffnende Türen mehr gefährdet. Man muss also immer abwägen, ob der Streifen wirklich Vorteile bringt oder nicht. Eine pauschale Antwort gibt es nicht. In Düren wird diese Diskussion z.B. für die Rütger-von-Scheven Straße zu führen sein.

Im Vortrag „Markierte Radverkehrsanlagen – wirklich sicher?“ zeigte Horst Wohlfarth von Alm von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz des Landes Berlin auf, dass man über eine Renaissance der (baulichen) Radwege nachdenken müsse. So lange Radverkehrsanlagen nur markiert sind, werden diese trotzdem immer wieder missbraucht und die Sicherheitsabstände sind nicht gegeben. Und selbst wenn ein Weg objektiv sicher ist, wird er von vielen menschen nicht als sicher empfunden. Erst bei einer deutlichen Abgrenzung (wie bei Radwegen oder Protected Bike Lanes) fühlen sich die Menschen auch subjektiv sicherer. Radwege können aber nur eine Option sein, wenn sie wirklich gut gemacht sind mit Breite und Übersichtlichkeit. Die alten Bürgersteig – Radwege in Düren sind für die Grünen Düren keine brauchbaren Radverkehrsanlagen.

Auf der Messe Fahrrad, der größten Fahrradmesse Nordrhein-Westfalens, präsentierten über 240 Aussteller Produkte rund um die Themen Fahrrad und Tourismus. Georg Schmitz beschäftigte sich dort v.a. mit dem Thema Lastenräder und hat zahlreiche interessante Bilder gemacht.