Fakten zu den Fraktionsmitteln

Georg

Die CDU und die beiden Dürener Tageszeitungen kritisieren die Erhöhung der Fraktionsmittel als schlechtes Zeichen der neuen Koalition. Wenn die Fraktionen effektiv arbeiten können, dient dies der Demokratie und beschleunigt auch die Abläufe zwischen Ratsmitgliedern und Verwaltung. Foulspiel der CDU!

Im ersten Moment könnte tatsächlich der Eindruck entstehen, die Fraktionen würden zuerst mal an sich denken. Aber es geht hier ganz einfach um die Arbeitsfähigkeit der Fraktionen. Die Stadtratsmitglieder haben direkt nichts davon, wenn die Regelungen angepasst werden. Wenn die Fraktionen effektiv arbeiten können, dient dies der Demokratie.

Die BürgerInnen erwarten völlig zu Recht von uns, dass wir uns gut informieren, recherchieren und dann gute Entscheidungen für Düren treffen. Sie wünschen, auf Mails oder Briefe eine schnelle Antwort und möchten uns auch telefonisch erreichen können. Sie möchten, dass wir Fragen schnell und kompetent beantworten, dabei unser eigentliches Arbeitsprogramm aber auch nicht vernachlässigen. All das nur ehrenamtlich zu bewerkstelligen ist in einer Stadt wie Düren kaum möglich.

Der Gesetzgeber sieht deshalb eine Finanzierung der Fraktionen vor. Die Fraktionen haben gemäß § 56 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen einen Rechtsanspruch auf die Gewährung von Zuwendungen aus den Haushaltsmitteln der Kommune. Diese Mittel dienen zur Deckung von Aufwendungen für die sächliche und personelle Ausstattung der Geschäftsführung der Fraktion.

Maßgebend ist hierfür laut oberster Rechtsprechung in NRW das Prinzip der Chancengleichheit. Wenn die Aufteilung bisher jedoch bewusst so gewählt wurde, dass kleine Fraktionen kaum arbeitsfähig sind, so ist die Chancengleichheit gefährdet.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 05. Juli 2012 entschieden, dass die Verteilung von Fraktionszuwendungen am allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz zu messen ist. Daher müsse sich der Verteilungsmaßstab für die Fraktionszuwendungen an den für die Fraktionsgeschäftsführung entstehenden sächlichen und personellen Aufwendungen orientieren. Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass Fraktionszuwendungen zukünftig in aller Regel nicht mehr nur proportional nach Fraktionsstärke verteilt werden dürfen.

Vielmehr muss der Rat bei der Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel prüfen, wie hoch die Fixkosten unabhängig von der Größe der Fraktionen sind und welche Kosten variabel von der Größe der Fraktionen sind. Die NRW-Geschäftsstelle des Städte und Gemeindebundes empfiehlt, den Verteilungsmaßstab bei den Fraktionszuwendungen zu überprüfen und ggf. anzupassen. Dabei erscheint die Aufteilung in einen Sockelbetrag und einen pro Kopf Betrag für praktikabel. Die Höhe des Sockelbetrages hängt von den durchschnittlichen Fixkosten der Fraktionen ab.

Es geht hier also v.a. um die Frage, welcher Anteil als fix gesehen wird und welcher Anteil als flexibel. Wie sehen mind. 15Stunden Arbeitszeit als für alle Fraktionen notwendig und somit fix an. Bisher hatte die CDU ja mit ihrer Mehrheit Regelungen festgeschrieben, die ihr selbst möglichst viele Mittel zukommen ließen. Es ist aber nicht so, wie die CDU behauptet, dass bei großen Fraktionen so viel mehr Verwaltungsarbeit anfällt, als in kleinen.

Natürlich ist da mehr zu tun, als in kleinen Fraktionen, aber der Mehraufwand hält sich in Grenzen.

Im Zeitalter der Emails ist die Informationsweitergabe für 5 oder 20 Fraktionsmitglieder gleich viel Aufwand. Auch muss jede Fraktion die gleichen Vorlagen sichten und aufbewahren, die Internetseite pflegen usw.! Pressearbeit, Antragsarbeit, Vorbereitung der Fraktionssitzungen etc. sind in allen Fraktionen etwa gleich aufwendig.

Während dies alles bei kleinen Fraktionen derzeit mit einer Bürostundenzahl von etwa 10 Stunden erledigt wird, hat die CDU nicht nur fast dreimal so viel an Fraktionsmitteln zur Verfügung, sondern gemäß Entschädigungsverordnung auch noch zwei stellvertretende Fraktionsvorsitzende mit Aufwandsentschädigungen, welche solche Koordinationsaufgaben mit übernehmen können. Um den kleinen Fraktionen eine vernünftige Arbeitssituation zu ermöglichen, müssen nach unserer Auffassung die von der CDU damals eingeführten Beträge angepasst werden. Wir hätten ein anderes Modell wählen können, welches der CDU einen deutlich niedrigeren Betrag gelassen hätte – aber Ziel war es ja nicht, einer anderen Fraktion zu schaden, sondern – wie schon ausgeführt – allen Fraktionen eine professionelle Arbeit ermöglichen.

Vergleicht man einmal, was die bisher im Rat vertretenden 4 Fraktionen (mit aktuellen Mandatszahlen gerechnet) nach alter Regelung bekommen hätten und wie viel nach neuer Regelung, so ergibt sich in Summe eine Differenz von 595,- Euro im Monat mehr, oder 7140,-, die pro Jahr anfallen. Das wir nun zwei Fraktionen mehr haben, als bisher, kommt nur am Rande hinzu. Diese bekommen natürlich auch Gelder, die bisher nicht gezahlt wurden.

Am Montag bin ich dann doch etwas vom Glauben abgefallen, als ich den Änderungsantrag der CDU gelesen habe. Hatte nicht genau diese CDU – Fraktion wenige Tage vorher die Vorschläge der AmpelPlus so schlecht gemacht und Ausgaben kritisiert? Da war zu lesen, dass der CDU-Fraktionsvorsitzender Stefan Weschke „diesen Schluck aus der Pulle“ nicht nachvollziehen kann . Wieder einmal würde deutlich, dass es „der roten Ampel nicht um Sachpolitik“, sondern um eigene Pfründe und Pöstchen ginge. Das CDU Modell sieht nun aber in etwa gleich große Gesamtausgaben vor – allerdings nochmals massiv zu Gunsten der CDU verändert. Das wäre wirklich ein großer Schluck aus der Pulle, liebe CDU – und sachlich überhaupt nicht zu begründen! Um es anlässlich der WM in der Fußballsprache zu sagen: Das ist ein erstes grobes Foul im neuen Spiel.

Im Detail sieht es so aus:

Fraktion Bisheriges Modell Neues Modell Ampel Plus Differenz gegenüber bisher CDU Modell Differenz gegenüber bisher
CDU 3160 2900 – 240 3600 + 440
SPD 2640 2580 – 60 3040 + 400
Grüne 1265 1700 + 435 1500 + 235
FDP 1000 1460 + 460 1080 + 80
Linke sowie AFD jeweils 1015 1540 + 525 1220 + 205
Monatliche Summe für den städt. Haushalt 10095 11720 + 1625 11660 + 1565

 

Beim CDU Vorschlag sind es also nur 60 Euro Differenz zu unserem Modell – allerdings hat dann die CDU deutlich mehr Geld als bisher und das eigentliche Problem der fehlenden Mittel für Personal wäre immer noch nicht zufriedenstellend gelöst. Das geht also so nicht.

Zusatz: Der Innenminister hat ausgeführt, wozu Fraktionsmittel verwendet werden dürfen. Siehe: http://www.mik.nrw.de/fileadmin/user_upload/Redakteure/Dokumente/Themen_und_Aufgaben/Kommunales/202_Runderlass_Innenminister_zu_Fraktionszuwendungen_vom_02.01.1989.pdf

In einem Urteil vom 8. Oktober 2002 entschied das OVG Münster zu einem Streit über Zuwendungen an Ratsfraktionen (15 A 4734/01).

http://anwalt-und-kommunalrecht.de/zuwendungen-an-ratsfraktionen/

Vergleichszahlen: Die doppelt so große Stad Leverkusen (160.000E) gewährt zur Abgeltung der Personal-, Sach- und Geschäftskosten einer Fraktion mit 3 Mitgliedern einen pauschalen Betrag in Höhe von 4.500,00 € pro Monat. Zur Abgeltung der durch eine steigende Mitgliederzahl erhöhten Personal-, Sach- und Geschäftskosten wird eine monatliche Pauschale von 625,00 € je zusätzlichem Mitglied gewährt. Bei 5 Mitgliedern bekommt man da also 7625,-. Teilt man das nun durch zwei, weil Düren halb so groß ist, käme man auf 3812,-€ monatlich für unser Fraktion.

In Unna (66.000E – also viel kleiner als Düren) gibt es weniger Geld, aber zusätzlich erhalten die Fraktionen für personelle Aufwendungen eine jährliche Pauschale, deren jährlich anzupassende Berechnungsgrundlage der Personalkostenaufwand für einen Beamten A 12 BBesO, Endstufe, verheiratet, 2 Kinder, einschließlich Versorgungskassenbeiträge darstellt.

Fraktionen mit 10 und mehr Mitgliedern erhalten Zuwendungen für eine ganze Stelle, Fraktionen mit weniger als 10 Mitgliedern erhalten Zuwendungen für 1/10 Stelle je Mitglied. (Eine halbe A12 Stelle – das wäre ein Traum für uns hier in Düren.) Selbst wenn die vorgeschlagenen Kürzungen dort kommen, wären es nach der Berechnung von Unna (gem. http://gruene-unna.de/userspace/NW/gal_unna/2014-texte/Fraktionszuwendungen_2014-2020_endversion.pdf) 2800,-€ für uns.

Gevelsberg mit 32.000E. zahlt 680,- pauschal und 373,- je Fraktionsmitglied.

St. Augustin mit 55.000E. zahlt den kleinen Fraktionen rund 30.000E allein für Personal, also monatlich 2500,- und somit deutlich mehr, als in Düren insgesamt gezahlt wird. Diese Beispiele zeigen, dass das Dürener Modell also durchaus vertretbar im finanziellen Mittelfeld einzuordnen ist. Weitere interessante Quelle: http://www.kopofo-nrw.de/fileadmin/kundendaten/www.kopofonrw.de/pdf/Memos/kopomemo_fraktionszuwendungen.pdf

Zusammengestellt von Georg Schmitz,. OV Sprecher

Nachtrag: Da die CDU auf uns zugekommen ist, sie müsse nun der Mitarbeiterin Stunden kürzen, wurde nochmals sehr intensiv über alle Modelle und das für und wieder diskutiert. Am Ende wurde im Rat in der Hauptsatzung die Zahl 640 durch 1500 ersetzt.