Meldungen zum Thema Rechtsextremismus (4/2008)

In diesem Artikel gibt es wieder eine Auswahl interessanter Meldungen der letzten Woche rund um das Thema Rechtsextremismus.

Die fremde Mutter

1938 musste eine Berliner Jüdin ihr Baby zur Adoption nach Schweden freigeben. Die heute 70-jährige Tochter hat sich nun auf Spurensuche begeben. Magda Goldschmidt mag man kaum glauben, dass sie 70 ist. Die kleine Frau mit der roten Brille und den kurzen Haaren sprüht vor Energie. Sie erzählt ununterbrochen von ihrer ehrenamtlichen Arbeit im Jüdischen Museum in Kopenhagen, von ihrer Familie und der Zeit in Schweden. Und sie fühlt sich wohl in Berlin. Immerhin ist es ihr Geburtstagsurlaub. Es sei eine lange Tradition, an runden Geburtstagen mit der Familie etwas ganz Besonderes zu unternehmen, sagt sie. Aber die gemeinsame Reise mit ihrem Mann und den zwei Söhnen von Kopenhagen nach Deutschland ist für Magda Goldschmidt kein normaler Urlaub, sondern eine Reise in die eigene Vergangenheit. Hier hat sie die ersten Monate ihres Lebens verbracht. Dann kam sie zu Adoptiveltern nach Stockholm. 70 Jahre später macht sie sich auf die Suche nach den Spuren ihrer leiblichen Mutter.

Artikel beim Tagesspiegel.

Thema: Holocaust-Wagen beim Karneval in Rio

Provokante Mahnaktion oder einfach nur schlechter Geschmack? In Brasilien sollte ein Wagen im Weltbekannten Karnevalszug mitfahren, der auf seine eigene Art und Weise in der Darstellung den Opfern des Nationalsozialismus gedenken wollte. (Dazu der Bericht hier). Nun aber wurde der Wagen gerichtlich gestoppt: Ein Gericht in der brasilianischen Metropole untersagte am Donnerstag auf Antrag einer jüdischen Organisation der Sambagruppe Viradouro, mit dem Wagen in der geplanten Form an der Parade in der nächsten Woche teilzunehmen.

NPD ist die mitgliederstärkste Partei im rechten Spektrum

Ein Zuwachs von 200 Mitgliedern auf nun insgesamt 7.200 macht die NPD zur größten rechtsextremen Partei in Deutschland. Wie der „Tagesspiegel” in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, sind nach Angaben des Verfassungsschutzes die Mitgliederzahlen von DVU und Republikanern im Gegenzug zur NPD stark eingebrochen. Die bislang größte Partei, die DVU, verlor massiv. Ihre Mitgliederbilanz rauschte von rund 8.500 Mitlieder auf noch etwa 7.000.
Die Republikaner kommen nur noch auf 5.500 Mitglieder.
Den Verlusten von Reps und DVU setzt die NPD ein stetiges Anwachsen entgegen. So zählte sie vor fünf Jahren noch 5.000 Mitglieder. (Quelle: Endstation Rechts)

Comic über Shoah

Mit einem neuen Comic soll an Berliner Schulen die Geschichte des Holocaust in der NS-Zeit vermittelt werden. An dem gestern vorgestellten Pilotprojekt des Anne-Frank-Zentrums werden in den kommenden sechs Monaten 20 Schulklassen in den Klassenstufen 7 bis 10 teilnehmen.

Ziel sei es, den Comic bundesweit einzuführen. Begleitet wird das Projekt durch Unterrichtsbesuche und Interviews mit Schülern und Lehrern, um Aufschluss über Rezeptionsweisen und Einbettung im Unterricht zu erhalten. Zeitgleich läuft auch eine Testphase in Polen und Ungarn.

Quelle: TAZ. Informationen zum Comic gibt es hier beim AnneFrank Zentrum. (Paket mit 20 Comics kostet ca. 5 Euro)

Eklat im Landtag MV: NPD verweigert NS-Opfern Schweigeminute

Am 30.1.08 traf sich der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zu seiner 33. Sitzung. Noch bevor die Sitzung von Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider eröffnet wurde, kam es zum Eklat.

Bretschneider hatte sich nämlich entschlossen, angesichts des 75. Jahrestages der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten eine kurze Rede zu halten und die Abgeordneten gebeten, sich für die Opfer des NS-Regimes zu einer Gedenkminute zu erheben. Dies taten auch alle Abgeordneten – bis auf die der NPD. Pastörs und Co. blieben auf ihren Stühlen trotzig sitzen. Der Abgeordnete Borrmann (NPD) schwatzte während der Schweigeminute gar fröhlich mit seinem Kollegen Andrejewski (NPD).

Ein wenig unangenehm überrascht schienen die Kameraden von der NPD dennoch, ließen sie doch kurze Zeit später eine Sitzung des Ältestenrates einberufen. In einer eilig verfassten Pressemitteilung begründete Pastörs die Verweigerungshaltung seiner Fraktion schließlich mit folgenden Worten: “Erst wenn auch die deutschen Opfer würdig mit einbezogen werden, wird sich die NPD-Frakion an solchen Opfergedenken beteiligen”.

Quelle: Störungsmelder. Dazu der Hinweis, dass inzwischen Strafanzeige erstattet wurde von einem Bürger (Hinweis).

Sachsens Staatskanzleichef Sagurna: NPD ist ein Sicherheitsrisiko

Die Staatsregierung sieht Verbindungen zwischen der rechtsextremen NPD und paramilitärischen Gruppierungen im Freistaat. „Im Landtag machen die NPD-Vertreter auf Law-and-order“, sagte Staatskanzleiminister Michael Sagurna (CDU) der “Leipziger Volkszeitung”, „und dabei sind sie selbst ein Sicherheitsrisiko“. Es deute vieles darauf hin, dass ihr Saubermann-Image nur vorgespielt sei. „Die sitzen zum Teil mit Schlips und Kragen im Parlament, gebärden sich als Vertreter von Recht und Ordnung, und verlassen sich auf diejenigen, die es draußen anders machen.“

Dabei bezieht sich Sagurna auch auf Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Staatskanzlei. Demnach glauben fast zwei Drittel der befragten Sachsen, dass Kontakte zwischen der NPD und rechtsextremistischen Kameradschaften bestehen. Dazu zählen auch verbotene Gruppierungen wie „Sturm 34“ oder die „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS). Lediglich 17 Prozent der Bürger sehen das nicht so. Beachtlich ist hier vor allem die Einschätzung bekennender NPD-Wähler. Laut Umfrage der Meinungsforscher von Emnid liegt diese Quote sogar noch über dem Schnitt. Konkret glauben demnach 72 Prozent der potenziellen NPD-Wähler, dass es solche regelmäßigen Kontakte zu rechtsextremistischen Kameradschaften gibt.

Quelle: Aktion Zivilcourage

Expertise zu “Junge Freiheit”

Im Jahr 1986 erscheint – noch als Schülerzeitung – in einer Auflage von 400 Exemplaren die erste Ausgabe des Blattes Junge Freiheit (JF) unter der Chefredaktion des damals knapp 20-jährigen Dieter Stein. Geplant ist zunächst eine zweimonatliche Erscheinungsweise mit acht Seiten je Heft. Schnell mausert sich das Blatt.

Quelle: Endstation Rechts

Geschlossenes Fischessen

Wie bereits berichtet, nutzt die NPD auch so genannte “Tarnlisten”. In dem Zusammenhang ist nun eine Meldung bei Redok zu sehen: Zu einem “Politischen Aschermittwoch” der Münchner “Bürgerinitiative Ausländerstopp” (BIA) mobilisiert die NPD für morgen überregional ihre Anhänger. Reden von NPD-Funktionären sollen mit einem “traditionellen Fischessen” schmackhaft gemacht werden. Die Veranstaltung im “Mathäser” bedarf keiner behördlichen Genehmigung, weil sie als “geschlossene Veranstaltung für geladene Gäste” stattfindet. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sprach von einer “skandalösen Zusammenrottung von Verbrechern”; Gegendemonstrationen sind bereits angekündigt.

Schule nach Nazi-Raketen-Erfinder benannt: Waffenschmied als Vorbild

Eine sächsische Schule benennt sich nach einem Entwickler der Nazi-Rakete V2. Kaum jemanden stört es, dass der hochrangige Forscher für tausende Tote mitverantwortlich war. Bernstadt auf dem Eigen ist eine kleine Stadt mit wenigen Helden. Der eine hat an der ersten Diesellokomotive mitgebaut. Nach ihm benannten sie eine Straße. Der andere hat die ersten Raketen zum Fliegen gebracht. Nach ihm benannten sie eine Lehranstalt. Eine Woche feierte die Mittelschule des sächsischen Städtchens ihren neuen Namenspatron: “Klaus Riedel” steht jetzt auf dem Plexiglasschild neben der Pforte des Plattenbaus – pünktlich zum Hundertsten des Raketenforschers. Dass Riedel auch der Naziwaffe V2 zum Fliegen verhalf, sollte dabei nicht stören. Auch nicht, dass je nach Schätzung 10.000 bis 20.000 Zwangsarbeiter bei der Produktion der Raketen starben und tausende durch die Einschläge in England, Holland, Belgien umkamen. “Riedel war ein Pionier”, sagt Bürgermeister Gunter Lange, “und hier in Bernstadt hat er die ersten Versuche mit Flüssigtreibstoff gemacht.” Kritik am neuen Namen der Schule weist er zurück. “Sein Charakter, seine Zielstrebigkeit und sein Wirken qualifizieren Riedel dazu, der Schule als Vorbild zu dienen.” (Quelle: TAZ)